Tödlicher Lawinenunfall am Wurtenkees und ungünstiger Schneedeckenaufbau

WETTER

Am Wochenende sind verbreitet zwischen 30 mm und 50 mm Niederschlag gefallen, gebietsweise waren es bis zu 150 mm. Mit der markanten Luftmassengrenze zwischen Norden und Süden und einer zeitlichen Verzögerung der Kaltluft im Süden regnete es stellenweise auf rund 2700 m. Am Samstag erfolgte eine markante Abkühlung und klare Nacht. 

Abbildung 1 zeigt die registrierte Temperatur und Luftfeuchte an der automatischen Wetterstation Eissee.

Abbildung 1: Verlauf der Temperatur und Luftfeuchte an der automatischen Wetterstation Eissee auf 2794 m.

Verbreitet klare Nacht von Samstag auf Sonntag

Rund 15 – 20 cm Neuschnee im Bereich des Plöckenpasses (1200 m – 1800 m)

VERLAUF GEFAHRENSTUFE

Abbildung 2 zeigt den zeitlichen Verlauf der im Dezember ausgegebenen Gefahrenstufen in der Glockner- und Goldberggruppe und deren Seehöhen.

Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Gefahrenstufen in der Glockner- und Goldberggruppe und Seehöhe seit 01.12.2023

SCHNEEDECKE

Die Wetterbedingungen führten vor allem in hohen Lagen und im Hochgebirge verbreitet zu einem ungünstigen Aufbau der Schneedecke. Mit Regen und der folgenden markanten Abkühlung wurde die Schneedecke aufbauend umgewandelt und verlor damit an Festigkeit. Kantig aufgebaute Schwachschichten konnten sich besonders im Bereich einer Regenkruste ausbilden (Abbildung 3). Die aktuellen Schneehöhen südlich des Alpenhauptkammes begünstigen zusätzlich die aufbauende Umwandlung. Lawinenabgänge und Beobachtungen im Gelände waren Hinweise für die heimtückische Lawinensituation. 

Abbildung 3: Schneeprofil vom 06.12.2023 mit markantem Temperaturgradienten und kantig aufgebauter Schwachschicht im Bereich einer dünnen Regenkruste

EREIGNISSE

Die spontane Lawinenaktivität hat mit dem Einsetzen der Schneefälle deutlich zugenommen. Auch erfolgreiche Lawinensprengungen bestätigten den ungünstigen Schneedeckenaufbau. 

Zudem konnten mit der hohen Schneefallgrenze vor allem zwischen rund 2000 m und 2400 m einzelne Gleitschneerisse beobachtet werden.

Tödlicher Lawinenunfall am Wurtenkees

Am 03.12.2023 verstarb eine Person nach einem Lawinenabgang am Wurtenkees. Die Person fuhr gegen 13:15 Uhr im freien Skiraum talwärts. Dabei löste die Person auf einer Seehöhe von rund 2700 m eine rund 150 m breite und rund 300 m lange Schneebrettlawine aus und wurde mitgerissen. Die Person wurde zur Gänze verschüttet. Zeugen, die den Lawinenabgang beobachteten, gruben den Verschütteten aus und führten bis zum Eintreffen des Rettungshubschraubers RK 1 Reanimationsmaßnahmen durch, die vom Notarztteam weitergeführt wurden, jedoch erfolglos blieben.

Übersichtsbild der Lawine mit Einfahrtsspur und Verschüttungsstelle; Quelle: Alpinpolizei Kärnten/LWD Kärnten

Gemeinsam mit der Alpinpolizei führte der LWD Kärnten am 04.12.2023 Erhebungen durch. Die für den Lawinenabgang vermutlich bedeutsame Schwachschicht bestand aus kantigen Kristallen (Abbildung 4). Es kann davon ausgegangen werden, dass die kantigen Kristalle durch die oben beschriebenen Wetterbedingungen entstanden. Förderlich für den Lawinenabgang waren die vorangegangenen Schneefälle, die im Unfallgebiet um 50 cm betrugen. Zusätzlich kann von einem Durchreißen in bodennahe Schwachschichten ausgegangen werden. Diese wurden zuvor im Unfallgebiet bei Schneedeckenuntersuchungen beobachtet. Ebenso förderlich war der vorangegangene starke bis stürmische Wind aus drehenden Richtungen. Schneefall und Wind bildeten über der Schwachschicht ein Brett, welches die Bruchfortpflanzung innerhalb der Schwachschicht begünstigte.

Abbildung 4: Schneeprofil vom 04.12.2023 im Bereich der Unfalllawine

Erhebung am 04.12.2023

AUSBLICK

Mi den tiefen Temperaturen ist nur ein allmählicher Rückgang der Lawinengefahr zu erwarten. Schwachschichten im mittleren Teil der Schneedecke können vor allem oberhalb von rund 2400 m stellenweise von Wintersportlern ausgelöst werden. Stellenweise können Lawinen auch in bodennahe Schichten der Schneedecke durchreißen. Lawinen sind meist mittelgroß.