Deutlicher Rückgang der Lawinengefahr nach kritischen Lawinenverhältnissen im Nordwesten

WETTER

Mit einer stürmischen Nordwestströmung wurden am Freitag, Samstag und Sonntag Nacht bis zu 160 mm Niederschlag vor allem in der Goldberg- und Ankogelgruppe registriert. Der Niederschlag wurde von orkanartigem Wind aus nordwestlichen Richtungen mit Spitzen bis zu 140 km/h begleitet. Im Süden fielen die Niederschlagsmengen deutlich geringer aus. Nach dem Niederschlagsereignis folgte eine Erwärmung. Abbildung 1 zeigt die registrierten Niederschlagsmengen, Windgeschwindigkeiten, Windrichtungen und Temperaturen an der automatischen Wetterstation am Sonnblick. Aufgrund des orkanartigen Windes und der umfangreichen Schneeverfrachtungen waren trotz der großen Niederschlagsmengen wenig Veränderungen der Schneehöhen an Wetterstationen bei welchen diese mit Ultraschall-Sensor gemessen wird zu beobachten. Abbildung 2 zeigt die Schneehöhe an der automatischen Wetterstation Viehbichl.

Abbildung 1: Registrierte Niederschlagsmengen, Windgeschwindigkeiten, Windrichtungen und Temperaturen an der automatischen Wetterstation am Sonnblick auf 3105 m

Abbildung 2: Messung der Schneehöhe mit Ultraschall-Sensor an der automatischen Wetterstation Viehbichl auf 2407 m

VERLAUF DER GEFAHRENSTUFE

Abbildung 3 zeigt den zeitlichen Verlauf der ab 20. Dezember ausgegebenen Gefahrenstufen in der Glockner- und Goldberggruppe und deren Seehöhen. Mit den großen Niederschlagsmengen und den entstandenen umfangreichen Triebschneeansammlungen stieg die Lawinengefahr am Freitag markant an. Mit der Erwärmung ab Sonntag folgte ein deutlicher Rückgang der Gefahr von trockenen Lawinen. Die Gefahr von Gleitschneelawinen blieb bestehen.

Abbildung 3: Zeitlicher Verlauf der ab 20. Dezember ausgegebenen Gefahrenstufen in der Glockner- und Goldberggruppe und deren Seehöhen

SCHNEEDECKE

Mit tiefen Temperaturen und klaren Nächten vor dem Niederschlagsereignis wurde die Schneedecke aufbauend umgewandelt und verlor damit an Festigkeit. Die geringeren Schneehöhen südlich des Alpenhauptkammes begünstigten die aufbauende Umwandlung. Die unmittelbar vor dem Niederschlagsereignis erstellten Schneeprofile zeigten potentielle Schwachschichten an Schattenhängen oberhalb von rund 2200 m im Bereich einer Regenkruste (Abbildung 4) von Anfang Dezember sowie kantig aufgebaute Schwachschichten im Bereich von mehreren Krusten (Abbildung 5) an Sonnenhängen oberhalb von 2500 m.

Abbildung 4: Schneeprofil vom 20.12.2023 mit kantig aufgebauter Schwachschicht im Bereich einer dünnen Regenkruste

Abbildung 5: Schneeprofil vom 20.12.2023 mit kantig aufgebauten Schwachschichten im Bereich von mehreren Krusten

Die verschiedenen Triebschneeansammlungen konnten sich vor allem ab Sonntag an Sonnenhängen gut miteinander und mit dem Altschnee verbinden (Abbildung 6). Die kantig aufgebaute Schwachschicht an Schattenhängen zeigte wenig Auslösebereitschaft. Stabilitätstests und erfolglose Lawinensprengungen waren Hinweise für die zunehmend gute Stabilität der Schneedecke.

Abbildung 6: Schneeprofil vom 25.12.2023 mit gut verbundenen Triebschneeansammlungen

Schneeprofile und Stabilitätstests gaben jedoch Hinweise für einen an Südhängen ungünstigen Schneedeckenaufbau. Im mittleren Teil der Schneedecke sind dort kantig aufgebaute Schwachschichten vorhanden. Dies oberhalb von rund 2600 m. Ein jeweils am Montag und Dienstag durchgeführter ECT Test wies eine Bruchfortpflanzung im Bereich einer kantig aufgebauten Schwachschicht zwischen zwei Krusten auf (Abbildung 7 & 8). Bei einem am gleichen Profilhang durchgeführten Rutschblock konnte jedoch keine Auslösebereitschaft der gegenständlichen Schwachschicht beobachtet werden (Abbildung 8).

Abbildung 7: Schneeprofil vom 25.12.2023 mit kantig aufgebauten Schwachschichten im Bereich von mehreren Krusten und Bruchfortpflanzung beim ECT-Test

Abbildung 8: Schneeprofil vom 26.12.2023 mit kantig aufgebauten Schwachschichten im Bereich von mehreren Krusten, Bruchfortpflanzung beim ECT-Test jedoch keine Auslösebereitschaft beim Rutschblock

EREIGNISSE

Die spontane Lawinenaktivität hat mit dem Einsetzen der Schneefälle am Freitag deutlich zugenommen. Zudem konnten vor allem zwischen rund 2000 m und 2400 m Gleitschneerisse beobachtet werden. Aufgrund der schlechten Sicht und frischen Triebschneeansammlungen waren Beobachtungen am Freitag und Samstag unmöglich. Eine Zuordnung der Auslösezeitpunkte von ab Sonntag beobachteten spontanen Lawinen ist demnach schwierig. Das Abgleiten von Gleitschneelawinen konnte vor allem ab Sonntag an Grashängen beobachtet werden. Von Wintersportlern ausgelöste Lawinen wurden nicht gemeldet.

Spontane Schneebrett-Lawine Größe 2 am Schareck Ost in der Goldberggruppe auf rund 2550 m, Auslösezeitpunkt vermutlich Samstag 23.11.2023; Quelle: Michael Marek

Sprengung einer Schneebrett-Lawine Größe 1 am Schareck Südost in der Goldberggruppe auf rund 2500 m am 24.12.2023

Geringere Schneehöhen und Erwärmung in der Kreuzeckgruppe

Gleitschneelawine der Größe 1 an einem Osthang im Fleißtal, Goldberggruppe auf rund 1900 m, Quelle: Michael Marek

AUSBLICK

Die Schneedecke ist weitgehend stabil, mit einer oft tragfähigen Kruste an der Oberfläche. Die verschiedenen Triebschneeansammlungen sind vereinzelt noch schlecht miteinander und mit dem Altschnee verbunden. Dies an Nordwest-, Nord- und Nordosthängen oberhalb von rund 2800 m.

Schwachschichten im Altschnee können an Südhängen sehr vereinzelt ausgelöst werden. Dies besonders an Übergängen von wenig zu viel Schnee wie z.B. bei der Einfahrt in Rinnen und Mulden vor allem oberhalb von rund 2600 m.

Die derzeit prognostizierten Niederschlagsmengen für die nächsten Tage sind gering. Ein Rückgang der Lawinengefahr kann erwartet werden.